Archivale des Monats - November 2024

Der Einband des Grabstättenbuchs St. Johannis.
Bildrechte LAELKB, Foto: Marcel Luitjens

Grablegebuch (KV. 1 1-500, mit Register, 1643-1836)

01.11.2024, Recherche und Text: Frauke Lyckhoff, Celine Dürr und Marcel Luitjens

Der Kirchenpfleger Lukas Friedrich Behaim (1587-1648) ordnete im Jahr 1643 das Anlegen von Grablegebüchern für den St. Johannis- und den St. Rochusfriedhof in Nürnberg an. Er war gerade frisch ins Amt gekommen und hielt diese Aufgabe für nötig, um die Grabrechte – sowohl von Einheimischen als auch von Zugezogenen – besser prüfen zu können.

Noch im selben Jahr entstand der erste Band einer Reihe von Grablegebüchern, die diese beiden Friedhöfe umfassen. Er behandelt die ersten 500 von mehreren Tausend Grabstätten, die zwischen 1592 und 1600 angelegt worden sind. Auf dem Johannisfriedhof kamen noch bis etwa 1680 weitere Grablegen hinzu.

Die Widmung Lukas Friedrich Behaims mit Erläuterung zur Entstehung des Grablegebuchs.
Bildrechte LAELKB, Foto: Celine Dürr
Die Titelseiten des Grablegebuchs St. Johannis.

Das Grablegebuch ist zweigeteilt und enthält zu Beginn ein alphabetisches Namensregister aller auf den Friedhöfen beigesetzten Personen, geordnet nach dem jeweiligen Todesjahr. Sozialer Stand, Geschlecht oder Berufsgruppe spielten dabei keine Rolle. Besonders ist, dass auch Totgeburten und verstorbene Kleinkinder darin Erwähnung finden. Im darauffolgenden Teil des Buches werden die einzelnen Grabstätten nacheinander aufgeführt und die Namen, Todesdaten und Berufe sowie teilweise auch enge Familienangehörige genannt. Dabei sind die Namen chronologisch nach Sterbedaten und den Familien geordnet, die diese Grabstelle innehatten. „Übergänge“ sind durch einen langen Querstrich gekennzeichnet. Der erste vermerkte Käufer ist teilweise oben auf der Seite in Großbuchstaben vermerkt. Die Listen reichen vom Jahr 1643 bis ca. 1830.

Im Grablegebuch sind unterschiedliche Grabarten aufgeführt: Familiengräber, Gemeinschaftsgräber und Einzelgräber. Familiengräber konnten von einzelnen Familien für 100 Jahre erworben werden. Bei diesen ging die Grabstelle nach dem Tod des Käufers an seine leiblichen Erben über, sowohl in männlicher als auch in weiblicher Linie. Dies wurde auch auf den Epitaphien vermerkt.

Starb eine Familie aus, bevor die 100 Jahre abgelaufen waren, fiel die Grabstelle gleich an die Gemeinde zurück und konnte von einer anderen Familie gekauft werden. Gemeinschaftsgräber wurden oft von Handwerkskooperationen gekauft, die ihre Gesellen dort beisetzten, die sich eine eigene Grabstätte nicht leisten konnten. Einzelgräber waren vornehmen Familien vorbehalten, da sie sehr kostspielig waren.

Eintrag der 129. Grabstelle zu Benedikt Wurzelbauer.
Bildrechte LAELKB, Foto: Celine Dürr
Eintrag zur 129. Grabstelle von Benedikt Wurzelbauer

Als Beispiel für ein Familiengrab dient hier der Eintrag der 129. Grabstelle zu Benedikt Wurzelbauer, dem 1620 verstorbenen Bildhauer und Erzgießer aus Nürnberg, von dem u.a. der Tugendbrunnen vor der Lorenzkirche stammt. Der Eintrag beginnt mit der Wiedergabe der Inschrift auf dem Epitaph des Grabsteins. In der linken Spalte folgen die Einträge der Familie Wurzelbauer, die mit dem 1644 verstorbenen Sohn Hanns Wurzelbauer beginnen und mit der Verschüttung des Grabes 1722 enden.
In der rechten Spalte wird der letzte Besitzer der Familie Wurzelbauer genannt, ein sogenannter Johann Philipp Wurzelbauer. Danach folgt eine Lücke über 100 Jahre. Anschließend wurde das Familiengrab aufgelöst und als Sammelgrab weiterverwendet.

Geführt wurden die Grablegebücher von sogenannten „Steinschreibern“, deren Aufgabe es auch war, die Namen der Verstorbenen in die Epitaphe (metallene Tafeln, die man eingeführt hatte, da Inschriften im Stein zu schnell verwitterten) einzuritzen. Ältere Epitaphe wurden auf dem Grab belassen.

Viele der auf dem Johannis- oder Rochusfriedhof bestatteten Personen sind durch die Grabstätten selbst nicht mehr ermittelbar, da die Grabinschriften – sofern überhaupt angefertigt – oftmals bereits verwittert oder entfernt worden sind. Die Relevanz der Grablegebücher für die Quellenforschung ist sehr hoch, da sie nicht nur der Identifikation der Bestatteten, sondern auch eine große Aussagekraft für die Genealogie besitzen. Sie enthalten auch Angaben über weibliche Linien und die soziale Stellung der Personen. Jenseits dieser persönlichen Daten können auch Informationen über die Kindersterblichkeitsrate und die verschiedenen Gruppen der städtischen Gesellschaft entnommen werden.

Das Grablegebuch für den St. Johannis- und St. Rochusfriedhof (Grablegebuch (KV. 1 1-500, mit Register, 1643-1836) ist nur eines von vielen, das im LAELKB verwahrt wird. Es wurde als eines von 100 Friedhofsbüchern vor Kurzem digitalisiert. Im Laufe des nächsten Jahres werden die Digitalisate in der neuen Online-Recherchedatenbank des Landeskirchlichen Archivs präsentiert – und bis dahin können die Digitalisate bereits im Lesesaal des Archivs eingesehen werden.

Signatur: LAELKB, VPKV 10.7.0222 - 1